Pflege aus der Perspektive der Angehörigen: Herausforderungen und emotionale Belastungen

Die Pflege eines geliebten Menschen zu übernehmen, ist eine Aufgabe, die sowohl große Erfüllung als auch enorme Herausforderungen mit sich bringen kann. Für viele Angehörige ist die Pflege eine emotional aufwühlende Erfahrung, da sie nicht nur mit der körperlichen Versorgung eines Familienmitglieds konfrontiert werden, sondern auch mit den emotionalen und mentalen Belastungen, die diese Rolle mit sich bringt. In diesem Artikel beleuchten wir die Pflege aus der Sicht der Angehörigen und geben Tipps, wie sie mit den emotionalen und praktischen Anforderungen besser umgehen können.

Emotionale Herausforderungen der pflegenden Angehörigen

  1. Der Verlust der Rollenverteilung: Eine der größten emotionalen Herausforderungen besteht darin, dass sich die Rollen innerhalb der Familie ändern. Eltern, die einst die Fürsorger waren, werden nun zu Pflegebedürftigen, und Kinder müssen die Verantwortung übernehmen. Dies führt oft zu Traurigkeit, Überforderung und manchmal auch zu Schuldgefühlen, da Angehörige das Gefühl haben, nicht genug tun zu können.
  2. Emotionale Erschöpfung und Burnout: Die Pflege eines Familienmitglieds kann zu emotionaler Erschöpfung führen, insbesondere wenn sich der Zustand des Pflegebedürftigen verschlechtert oder keine Aussicht auf Besserung besteht. Diese Erschöpfung kann sich zu einem Pflege-Burnout entwickeln, bei dem die Belastung so groß wird, dass die eigene körperliche und geistige Gesundheit leidet.
  3. Das Gefühl der Isolation: Pflegende Angehörige fühlen sich oft isoliert, da sie viel Zeit mit der Pflege verbringen und weniger Gelegenheit haben, sich mit Freunden oder anderen Familienmitgliedern zu treffen. Diese Isolation kann emotional belastend sein und das Gefühl verstärken, dass sie die Herausforderungen der Pflege allein bewältigen müssen.
  4. Ambivalente Gefühle: Viele Angehörige haben ambivalente Gefühle gegenüber der Pflege. Sie empfinden Liebe und Hingabe, aber auch Frustration und Angst vor der Zukunft. Diese widersprüchlichen Gefühle können zu Schuldgefühlen führen, besonders wenn die Pflege als belastend empfunden wird.
  5. Angst vor dem Verlust: Die emotionale Bindung an den Pflegebedürftigen bedeutet, dass viele Angehörige ständig mit der Angst vor dem Verlust ihres geliebten Menschen leben. Diese Angst kann die emotionale Belastung verstärken und zu einer ständigen Anspannung führen.

Praktische Herausforderungen und organisatorische Hürden

Neben den emotionalen Belastungen müssen Angehörige oft auch mit praktischen Herausforderungen umgehen:

  1. Finanzielle Belastung: Viele pflegende Angehörige müssen ihre berufliche Tätigkeit einschränken oder ganz aufgeben, um die Pflege zu übernehmen. Dies kann zu finanziellen Engpässen führen, besonders wenn gleichzeitig zusätzliche Kosten für die medizinische Versorgung oder den Lebensunterhalt des Pflegebedürftigen anfallen.
  2. Pflegekenntnisse: Angehörige müssen oft schnell Pflegekenntnisse erwerben, die sie vorher nicht hatten. Vom Anlegen von Verbänden bis zur Verabreichung von Medikamenten – die Pflegekompetenzen werden im Alltag plötzlich zur Notwendigkeit, was zusätzlich stressig sein kann.
  3. Zeitmanagement: Zwischen der Pflege, der eigenen Familie und dem Beruf bleibt oft wenig Zeit für sich selbst. Das richtige Zeitmanagement wird zur ständigen Herausforderung, besonders wenn unvorhergesehene Pflegebedürfnisse auftreten.
  4. Behördliche Aufgaben: Die Pflege eines Angehörigen erfordert oft den Umgang mit bürokratischen Hürden, wie der Beantragung von Pflegeleistungen, der Koordination mit Krankenkassen und dem Ausfüllen von Formularen. Diese Aufgaben können zeitaufwendig und verwirrend sein.

Wie pflegende Angehörige Unterstützung finden können

  1. Pflegedienste in Anspruch nehmen: Viele Angehörige zögern, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, da sie das Gefühl haben, alles selbst erledigen zu müssen. Doch Pflegedienste können eine enorme Entlastung bieten, indem sie die tägliche Pflege unterstützen und Angehörigen die Möglichkeit geben, sich zu erholen.
  2. Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen pflegenden Angehörigen kann sehr hilfreich sein. Selbsthilfegruppen bieten einen Ort, an dem man sich verstanden fühlt und Unterstützung erhält. Hier können Angehörige ihre Sorgen teilen und Tipps für den Pflegealltag bekommen.
  3. Pausen und Entlastung durch Kurzzeitpflege: Es ist wichtig, regelmäßig Pausen einzulegen, um Burnout vorzubeugen. Kurzzeitpflege-Angebote oder Tagespflege können Angehörigen die notwendige Zeit geben, um sich zu erholen, ohne das Gefühl zu haben, ihren Pflegebedürftigen im Stich zu lassen.
  4. Pflegeberatung: Es gibt zahlreiche Angebote zur Pflegeberatung, die Angehörigen helfen, den Überblick über Pflegeleistungen zu behalten und praktische Unterstützung bei der Organisation der Pflege bieten. Pflegeberater können auch bei finanziellen und behördlichen Fragen weiterhelfen.
  5. Emotionale Unterstützung suchen: Es ist wichtig, sich nicht nur um die körperlichen, sondern auch um die emotionalen Bedürfnisse zu kümmern. Gespräche mit einem Therapeuten oder psychologischen Berater können helfen, die eigene emotionale Belastung zu verarbeiten.

Fazit

Die Pflege eines Angehörigen ist eine herausfordernde und oft emotionale Aufgabe. Es ist wichtig, dass pflegende Angehörige nicht nur die Bedürfnisse ihrer Pflegebedürftigen im Blick haben, sondern auch ihre eigenen emotionalen und praktischen Anforderungen ernst nehmen. Durch den Austausch mit anderen, die Inanspruchnahme von Pflegediensten und das Setzen von Grenzen können Angehörige die Pflegeaufgabe besser bewältigen und eine Balance zwischen Verantwortung und Selbstfürsorge finden.

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